Christian Klar schafft Klarheit

Lange genug hat er ja Zeit gehabt und nun endlich auch einen Weg gefunden, wie er den verhassten Rechtsstaat Bundesrepublik am Ende doch noch gründlich vorführt. Viel war dazu nicht nötig. Christian Klar konnte sich auf die eingeübten Reflexe der rechten Demokraten verlassen und musste sie nur ganz wenig provozieren, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen. Vielleicht war schon sein Gnadengesuch beim Bundespräsidenten so gemeint, vielleicht aber ist er erst durch die Reaktionen auf dieses Ansinnen darauf gekommen und hat nun nachgelegt.

Klar ist seit 24 Jahren wegen mehrfachen Mordes in Haft, in zwei Jahren bestünde die Möglichkeit, ihn vorzeitig zu entlassen, wenn es die Gewähr gibt, dass er nicht erneut zum Mörder wird. So weit die Rechtslage, an die der Staat gebunden ist – sehr zum Missfallen einiger Politiker, die die Bedingungen für die Anwendung dieses Rechts fast täglich höher schrauben. Sie wollte Klar wohl nun noch weiter aus der Reserve locken, und prompt sprangen sie über das erste dürre Stöckchen, das er ihnen hinhielt. Einer Rosa-Luxemburg-Konferenz – schon das verrät totale Unverbesserlichkeit – sandte er eine »Grußbotschaft«, in der er doch tatsächlich verlangte, »die Niederlage der Pläne des Kapitals zu vollenden und die Tür für eine andere Zukunft aufzumachen«, freilich ohne dafür den bewaffneten Kampf zu propagieren. Dennoch: Hat er nicht 24 Jahre in der sicheren Obhut des Staates verbracht, bei freier Kost und Logis und sogar der Möglichkeit, hin und wieder Besuch zu empfangen? Und das nun als Dank?

So einer, befand jedenfalls CSU-Generalsekretär Markus Söder, »darf nie auf freien Fuß kommen«. Für Bayerns Innenminister Beckstein ist Klar ob seiner Kapitalismus-Kritik »ein unverbesserlicher terroristischer Verbrecher«, dem SPD-Innenexperten Wiefelspützr gilt er darum als »politisch verwirrt«, und für den Grünen Jerzy Montag ist solch ein politisches Ziel »Unsinn in Potenz«. Eilfertig sandte Baden-Württembergs Justizminister Ulrich Goll von der früher liberalen FDP den Klar-Text an den »Generalbundesanwalt nach Karlsruhe … – im Hinblick auf dessen Stellungnahme an den Bundespräsidenten in der Gnadensache Klar«. Diesen dürfte das alles wenig überraschen; er wollte wohl Klarheit – und hat sie bekommen.

Doch er kann auf noch mehr Erfolg hoffen. Schon sind die einschlägigen Politiker dabei, alle, die für ein rechtsstaatliches Verfahren eintreten, zur RAF-Sympathisantenszene zuzurechnen, den Bundespräsidenten vorsorglich inbegriffen. Kann man dem Ex-Terroristen ein schöneres Geschenk machen? Muss er sich nicht auf der ganzen Linie bestätigt fühlen? In seinem Denken hat er sich in den vergangenen 24 Jahren nicht geändert, die meisten seiner Gegner aber auch nicht.

Siehe auch:

Harald Jähner: Der Wiedergänger (Berliner Zeitung vom 03.03.2007)

http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/print/feuilleton/633939.html