Steinmeiers Löschtaste

Es ist noch gar nicht so lange her, da richtete der heutige Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier heftige Angriffe gegen die CDU und deren Kanzleramtsmitarbeiter zu Zeiten der Regierung Helmut Kohl. Steinmeier war damals selbst Kanzleramtsminister bei Gerhard Schröder und beauftragte im Jahr 2000 den FDP-Politiker Hirsch mit Vorermittlungen und dann die Bonner Staatsanwaltschaft mit strafrechtlichen Ermittlungen wegen »Datenveränderung und Verwahrungsbruch«; landläufig war von einer »Aktion Löschtaste« die Rede, die Kohls Leute in Gang gesetzt hätten, um sie belastende Unterlagen verschwinden zu lassen.

Aufgeklärt wurde die Sache nie, denn es fehlte am letzten Beweis, obwohl zahlreiche Indizien die Kohl-Regierung durchaus schlecht aussehen ließen. Heute nun sieht Steinmeier selbst schlecht aus, sind doch Akten schwer auffindbar, die seine eigene Tätigkeit im Kanzleramt betreffen. Der Untersuchungsausschuss des Bundestages, der sich gegenwärtig mit dem Fall des Guantanamo-Häftlings Kurnaz befasst, muss konstatieren, dass wesentliche Unterlagen dazu offensichtlich verschwunden sind, andere im Innenministerium erst einer »Säuberung« unterzogen werden, da sie, wie es feinsinnig heißt, »Belange des Bundes« berühren.. Werden also wieder »Löschtasten« gedrückt, diesmal allerdings nicht vom damaligen Kanzleramtschef, sondern vom CDU-Innenminister Schäuble, der – Ironie der Geschichte – seinerzeit Steinmeier für sein Vorgehen massiv angriff? Schon damals hinterließ die Geschichte einen üblen Geschmack, aber es ging wenigstens nur um ein paar dubiose Spenden. Heute ist sie viel gravierender, denn offensichtlich wird die Staatsräson höher gestellt als das Schicksal eines zu Unrecht gepeinigten Menschen.