SPD im Abgang?

Man lese nur, was die von Christian Klar sarkastisch als »Meinungsblockwarte« apostrophierten Vertreter der globalisierungsbegeisterten Medien von sich geben, um ihre Panik über ein paar gezwungen-wahre Worte von SPD-Chef Kurt Beck zu erkennen. Dass er der Union »Neoliberalismus« vorwirft und eine sozialere Politik einfordert, lässt mancherorts sofort die Alarmglocken schrillen, obwohl doch solche weisen Worte des großen Vorsitzenden von seinen konkreten Taten wie denen des sonstigen SPD-Führungsppersonals meilenweit entfernt sind. Was Beck am Montag in der FAZ zu Papier gebracht hatte, war spätestens am Donnerstag bei der Bundestagsabstimmung über den Mindestlohn-Antrag der Linken zu Asche verbrannt.

Und anders konnte es auch gar nicht sein, denn eine Partei, die Regieren an sich über alles stellt und darüber ihre eigentliche Funktion, nämlich die Interessenvertretung für eine ganz bestimmte Klientel der Gesellschaft, vergisst, hat jede Glaubwürdigkeit verloren. Da bedarf es auf der Linken gar keiner neuen Kraft, um eine solche SPD in die Zerreißprobe zu führen; wenn es sie allerdings gibt, während der sich links nennende Flügel der Sozialdemokraten zur allenfalls folkloristischen Randerscheinung verkommen ist, verschärft das die Lage noch. Und das bezieht sich weniger auf einzelne Abweichler aus der Funktionärsschicht, auch wenn diese die Schlagzeilen machen – viel bedeutsamer ist der anhaltende und sich ständig verstärkende Frust an der Basis, führt er doch zu Austritten in Größenordnungen und zu Wahlverweigerung, die die SPD zumindest in einzelnen Ostländern bereits zu Kleinparteien und damit zu machtlosen Juniorpartnern der CDU (Sachsen, Sachsen-Anhalt, demnächst wohl Thüringen) machte. Diese Entwicklung begann mit Gerhard Schröder, der gern mit seiner linken Herkunft kokettierte, während er handfeste rechte Politik betrieb und wurde perfektioniert von Franz Müntefering, einst sozialdemokratisches Urgestein, heute Treibsand, sorgsam darauf bedacht, im jeweiligen Wind des Zeitgeistes mitfliegen zu dürfen.

Die neue Stärke der Linkspartei ist – sowohl was die Herausbildung der WASG betraf und nun ihre Fusion mit der PDS angeht – die direkte Folge solcher sozialdemokratischer Prinzipienlosigkeit. Setzt sie diese fort, wird die SPD ohne Zweifel ihre Daseinsberechtigung auf der politischen Bühne verlieren und in Gänze zu einer Randerscheinung degenerieren.