Abzug ohne Alternative

Das afghanische Dilemma für die Bundeswehr wird immer offensichtlicher. Begonnen hatte es schon 2001 mit Schröders »uneingeschränkter« Solidarität für die USA und Strucks strohdummem Satz, Deutschland werde auch am Hindukusch verteidigt, der freilich in Abwandlungen immer mal wiederholt wird.. Was man damals den Amerikanern aufgrund der eigenen politischen Schwäche zugestand, ist heute nur noch unter höllischen Schmerzen heilbar. Aber es ist – wie im täglichen Leben – heilbar, durch einen entschlossenen Schnitt, den totalen und bedingungslosen Abzug der deutschen Truppen aus dem gepeinigten Land.Ohne Blessuren geht das also nicht, auch wenn diese – aus für die Politik in ihrer Unfähigkeit zur Einsicht in Fehler nachvollziehbaren Gründen – stets weit übertrieben werden. Denn was würde die Bundesrepublik tatsächlich verlieren, wenn sie ihr Engagement in Afghanistan beendete? Handfestes wird da nie genannt, lediglich vage Vermutungen über »schwindenden deutschen Einfluss« und ein »verheerendes Signal an die Verbündeten«. Von welchem Einfluss ist eigentlich die Rede? Bisher gab es ihn nicht, worauf ja zum Teil das Dilemma beruht, und in Zukunft wird es ihn noch weniger geben, weil die Amerikaner sich von niemandem in ihre Kriegführung hineinreden lassen. Und wo man nichts zu sagen hat, verlieren Menschenopfer, die ohnehin zur selten zu rechtfertigen sind, gänzlich ihren Sinn. Und das verheerende Signal? Besteht es nicht eigentlich darin, dass man in einer verlorenen Sache gegen die eigene Überzeugung weitermacht und damit auch andere, die ganz ähnlich denken, an einem solchen Schritt hindert bzw. jene, die zum Teil schon , weil sie mutiger sind als die Deutschen, ihre Truppen zurückholten im Regen stehen lässt.Und dann wird regelmäßig das internationale Kräfteverhältnis beschworen, auf das ein Rückzug aus Afghanistan »unübersehbare Auswirkungen« hätte. Das kennt man aus dem Vietnamkrieg, wo die Amerikaner am Ende schmählich abziehen mussten und doch die Welt nicht unterging, jedenfalls damals und in der Folge nicht die westliche. Woher eigentlich kommt die amerikanische und auch europäische Arroganz, die Afghanen könnten ihre Angelegenheiten nicht selbst regeln? Zwar wird das kein einfacher und erst recht kein unblutiger Prozess sein, aber es ist der einzig mögliche. Und immer mehr Afghanen ziehen diesen harten Weg zur eigenen Identität der ihnen übergestülpten Fremdbestimmung vor, zumal letztere – wie der bereits sechs Jahre dauernde und in seinem Ende nicht absehbare Krieg zeigt – keineswegs mit weniger Blut verbunden ist.