Neue Schily-Schote

Dass Otto Schily geradezu der Prototyp eines Wendehalses ist, wusste man spätestens seit seiner Amtszeit als Bundesinnenminister. In dieser Funktion verfolgte er gnadenlos, was er als junger Heißsporn selbst gern getan hatte – nämlich gegenüber dem Staat unbotmäßig zu sein. Radikalisiert im Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS) zählte er Rudi Dutschke und Horst Mahler zu seinen Freunden, verteidigte mit innerem Engagement die RAF-Terroristen und legte sich damals immer wieder mit den Behörden an, so dass er lange als Bürgerschreck galt. Als er 1980 mit anderen die Partei der Grünen gründete, war er zunächst noch linker Gegenspieler des konservativen Mitbegründers Herbert Gruhl, doch dann begann allmählich sein Schwenk auf Realo-Positionen. Schon bald trat er für ein Zusammengehen mit der SPD ein und wechselte 1989 schließlich ganz in deren Reihen. Hier setzte sich sein Wandlungsprozess fort, so dass er nun bald um 180 Grad von seinen früheren Positionen abwich. Das war der Zeitpunkt, zu dem er den Sessel des Innenministers erklommen hatte.

Damit ist es seit der rot-grünen Wahlniederlage von 2005 vorbei, und siehe da – Otto Schily macht alle Anstrengungen, seinen Kopf wie der ornithologische Wendehals noch weiter zu drehen, um vielleicht in der 360-Grad-Stellung wieder am Ausgangspunkt anzukommen. Denn jetzt löckt er, obwohl mit 75 Jahren ein würdiger Bundestagsabgeordneter, erneut gegen den staatlichen Stachel, verhält sich unbotmäßig gegenüber höchsten Körperschaften der Staatsgewalt wie dem Bundestagspräsidenten und sogar dem Bundesverfassungsgericht. Er weigert sich standhaft, die einem Volksvertreter obliegende Pflicht der Darlegung seiner Nebeneinkünfte zu erfüllen. Wie in alten Revoluzzertagen beschied er den Parlamentspräsidenten: »Angaben über Einzelheiten meiner Anwaltstätigkeit sind mir auch gegenüber dem Bundestagspräsidenten nicht möglich.« Und das, obwohl die Karlsruher Richter gerade das in einem Grundsatzurteil erst unlängst für verfassungsgemäß erklärt hatten.

Man könnte Otto Schily für solche späte Einsicht eigentlich loben. Vielleicht kommt er zurück zu seinen Ursprüngen – spät zwar, doch nicht zu spät. Wenn da nicht ein kleiner Schönheitsfehler wäre. Ging es damals um hehre Ideale, so geht es wohl heute nur noch ums schnöde Geld.