Thierse, Kohl und die Psychologie

Die Entgleisung Wolfgang Thierses gegenüber Helmut Kohl ist nicht ohne den Hintergrund zu verstehen, vor dem sie sich abspielte, dem Rücktritt Franz Münteferings und seiner Begründung. Es ist keine allzu neue psychologische Erkenntnis, dass immer dann, wenn jemandem eine bestimmte Sichtweise, eine Interpretation, eine Deutung besonders wichtig ist, dieser es aber an Glaubwürdigkeit, an Schlüssigkeit, vielleicht gar an Wahrhaftigkeit mangelt, er oft der Verführung nicht widerstehen kann, seine Position umso eifernder und damit grobschlächtiger zu vertreten. Die Wucht des dann gebrauchten Arguments soll alle Zweifel an der Richtigkeit des eigenen Standpunkts zerschlagen. Aber diese Wucht reißt nicht selten den so Argumentierenden mit sich, und er liegt dann auf der Nase, wo er doch hoch erhobenen Hauptes die Meinungsarena verlassen wollte.