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Peter Sodann wider Obrigkeitsdenken von Rechts und Links

Natürlich wird Peter Sodann von der Bundesversammlung, wie sie nun einmal die Parteien zusammengesetzt haben, niemals zum Staatsoberhaupt gewählt. Und das vor allem deshalb nicht, weil ihn die Linkspartei nominierte; selbst der deutsche Papst hätte mit solch einem Ticket keine Chance auf dieses Amt. Da erstaunt es denn doch, dass Politiker der Gegenseite und ihnen verbundene Medien dennoch Bedarf erkennen, den Kandidaten zusätzlich schlecht zu machen – teilweise in einer Manie, die an holzschnittartiges Agitprop aus DDR-Zeiten erinnert. Zum Beispiel dies aus der sich sonst so seriös gebenden Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung: »Wenn aber die Linkspartei (die wir nur deshalb nicht die sogenannte nennen, weil Kurt Beck darauf das Urheberrecht hat) diesen Mann, dessen Meinungen und Ansichten ja nicht links sind, sondern einfach nur so dumpf, so unreflektiert, so kleingeistig und engherzig in ihrem Hass auf alles, was Sodann nicht verstanden hat, dass vermutlich auch die meisten Wähler der NPD sie teilen, wenn die Linkspartei diesen Mann als Bundespräsidentschaftskandidaten aufstellt, wird sie wissen, was sie tut. Kann man ihr die Silbe ›links‹ nicht entziehen?«

Aber vielleicht sind solche Hasspredigten überhaupt nicht verwunderlich, richten sie sich doch gegen jemanden mit absoluter Ferne vom hiesigen politischen Establishment [1]und sich gerade daraus ergebender Volksverbundenheit, die freilich gern als »Populismus« diffamiert wird. Sodann sieht dem Volk aufs Maul und spricht aus, was er hört und sieht, redet ihm vielleicht auch einmal zum Munde, doch nur dann, wenn die Volksmeinung der eigenen entspricht, was allerdings oft vorkommt. Verordnete oder angemaßte Autoritäten erkennt er nicht an – ob es nun der amerikanische Präsident oder der Chef der Deutschen Bank ist; und gerade das scheint viele zu verunsichern, die zwar gern ein wenig am Lack der Mächtigen zu kratzen versuchen, sich jedoch zumeist in dessen Glanz spiegeln wollen. Man kann zwar ein wenig an denen da oben herumkritteln, aber prinzipiell sind sie natürlich sakrosankt.

Solch obrigkeitsgläubigen Wächtern [2] fällt kein einziges wirkliches Argument gegen den Ex-Fernsehkommissar ein, weshalb sie sich in verschwuselte Andeutungen und Vermutungen flüchten oder gleich ganz ihre Aggressivität herauslassen. Während bei letzteren die intolerante Gesinnung in ihrer nackten Brutalität durchbricht, führt bei ersteren wohl das Bedürfnis nach Selbstschutz Wort oder Feder – bei jenen nämlich, die einst mit forschen Weltverbesserungsideen antraten, inzwischen aber längst ihren Frieden mit dem System gemacht haben und nun mit der Nase schmerzhaft aufs eigene Versagen gestoßen werden. Sie möchten sich gern als Linke verstehen, was aber nur geht, wenn sie jemandem wie Sodann dieses Prädikat entziehen, am liebsten gleich die rechte Ecke stellen.

Peter Sodann weiß natürlich um seine Nichtchance bei der Präsidentenwahl und sieht seine Aufgabe nicht im Wahlkampf um den Posten, sondern in der Nutzung der damit verbundenen öffentlichen Aufmerksamkeit [3]für das Aussprechen sonst selten gehörter Wahrheiten. Dies ist gerade gegenwärtig, wo sich viele seiner Auffassungen in der Realität bestätigen, eine gefährliche Entwicklung für die offiziell wie inoffiziell Regierenden, erfahren doch viele dadurch Bestätigung dessen, was sie aus ihrer eigenen Lebenssituation längst wissen – zum Beispiel: »Der Kapitalismus ist eine große Kraft. Aber er ist pervertiert, genauso wie das, was wir früher in der DDR Sozialismus genannt haben.« Und verweigern sich dem von interessierter Seite gern verkündeten »Ende der Geschichte«.