Saarländisches Passspiel zwischen CDU und Linkspartei

(pri) Ausgerechnet die CDU ist es, die sich auf den Gebrauchswert der Linkspartei besinnt. Natürlich nicht in deren Verständnis als linke Gegenkraft zum neoliberalen Mainstream, sondern im eigenen Interesse. Denn nicht zuletzt die relative Stärke der Linken im Saarland dürfte es gewesen sein, die Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer das kalkulierbare Risiko eingehen ließ, ihr brüchiges Jamaika-Bündnis durch eine stabilere Koalition mit der SPD zu ersetzen.

 

Für sie war klar, dass sie in der Regierung mit FDP und Grünen, beide unsichere Kantonisten, nur verlieren konnte; vor allem die CDU würde nach dem absehbaren Koalitionsbruch als Verlierer dastehen. Also trat sie die Flucht nach vorn an, beendete selbst das Bündnis und machte unverzüglich der SPD ein Angebot, das dieser endlich das Mitregieren, ihr aber das Weiterregieren sicherte. Im besten Falle würden die Sozialdemokraten um winkender Ministerposten willen sogar sie selbst weiter als Ministerpräsidentin akzeptieren. Im wahrscheinlicheren – und nun eingetretenen – Fall von Neuwahlen bliebe ihr zumindest die Chance auf ein Resultat, das zum gleichen Ergebnis führte.

 

Hintergrund einer solchen Hoffnung ist ein saarländisches Alleinstellungsmerkmal für die westlichen Bundesländer, nämlich die einmalige Stärke der Linkspartei. Bei den Landtagswahlen 2009 errang sie mit ihrem Spitzenkandidaten Oskar Lafontaine, der dort schon einmal für die SPD eine sehr erfolgreicher Ministerpräsident war, 21,3 Prozent der Stimmen, nur 3,2 Prozent weniger als die Sozialdemokraten. Dafür, dass dies wiederholbar ist, gibt es zwar keine Garantie, aber ein sehr ordentliches zweistelliges Resultat ist für die Linke durchaus drin; es würde vermutlich erneut vor allem zu Lasten der SPD gehen. Genauso dürfte Kramp-Karrenbauer kalkulieren, auch wenn Umfragen aus dem letzten Jahr die Sozialdemokraten knapp vorn sahen. Sie ist also durchaus an einem guten Wahlergebnis der Linken interessiert, denn dies könnte sich als steiler Pass in den gegnerischen Strafraum erweisen, mit dem sich bei eigener guter Leistung der erwünschte Erfolg sicherstellen ließe.

 

Aber auch für die Linkspartei ergibt sich daraus eine unerwartete Chance. Sie kann – im Kleinversuch – ausprobieren, ob eine wahrhaft alternative Politik zum entfesselten Kapitalismus, wie sie Oskar Lafontaine glaubwürdig vertritt, wählerwirksam ist, woran jüngst Zweifel aufgekommen sind. Nachdem ihre Unterwerfung unter den – wenn auch sozialdemokratisch angehauchten – vorgeblich alternativlosen Politikstil in Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und vor allem Berlin bereits gescheitert ist und in Brandenburg ebenfalls zu scheitern droht, ist dies ihre vielleicht letzte Möglichkeit, als eigenständige Kraft wahr- und dann auch angenommen zu werden. Dass ihr die ausgerechnet die CDU verschafft, belegt einmal mehr die Ironie der Geschichte, die sich von ideologischen Grenzziehungen nicht beeindrucken lässt.