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Europas treuester Satellit der USA

(pri) Während noch immer die Mär ausgeschmückt wird, die EU und speziell Deutschland könnten als Vermittler in der ukrainischen Krise eine wichtige Rolle spielen, haben sich die europäischen Hauptakteure längst, wenn auch nicht mit innerer Begeisterung, auf die Seite der USA geschlagen, die nach einer Reihe demütigender außenpolitischer Niederlagen [1] im Konflikt zwischen Kiew und Moskau eine Gelegenheit sehen, sich endlich wieder einmal als die einzig verbliebene Supermacht zu inszenieren, die zudem noch die »Weltgemeinschaft« hinter sich versammeln und damit die »Regionalmacht« Russland isolieren kann.

Die Vorgehensweise der USA ist nicht neu, im Gegenteil: Sie ist der Systemauseinandersetzung des vorigen Jahrhunderts entlehnt; Neues ist Washington seitdem nicht eingefallen. So wird gedroht, sanktioniert, ein wenig mit dem Säbel gerasselt. Wie ein überforderter Familienvater kündigte der US-Präsident beinahe täglich an, nun laufe die Zeit vor scharfen Reaktionen bald ab,ein Preis müsse gezahlt werden, doch seine Drohungen durchzusetzen, dazu fehlten ihm die Mittel, vor allem weil inzwischen andere Zeiten sind und der Knüppel – wie in einer modernen Familie – aus der Mode gekommen ist. Längst sind in der heutigen globalisierten Welt die Volkswirtschaften, die Gesellschaften derart verflochten, dass ein globaler Konflikt alle trifft; nicht die Waffen der einen oder anderen Seite würden die Auseinandersetzung entscheiden, sondern die politischen und wirtschaftlichen Folgen und ihr Echo in den beteiligten Ländern. Insofern zeugt die Hysterie des ganz auf die USA orientierten ukrainischen Ministerpräsidenten um eine drohenden dritten Weltkrieg [2] lediglich von dessen schlichter Denkungsart.

Sehr erfolgreich war der auch innenpolitisch weitgehend gescheiterte Barack Obama bisher mit seinem Kiewer Coup nicht. Weder besteht Aussicht, die Besetzung der Krim durch Russland rückgängig zu machen, noch machen die pro-russischen Opponenten in der Ost-Ukraine Anstalten, sich der von ihnen nicht anerkannten Kiewer Regierung zu unterwerfen, und je länger der Konflikt dauert, desto mehr verspielt letztere zusätzlich Kredit; ihre Brutalität lässt die Bewohner des Ostens bei einem Erfolg der »Anti-Terror-Aktion« Schlimmes befürchten. Sollte es in vier Wochen zu einer tatsächlich fairen Wahl in der Ukraine kommen; im Osten hätten die jetzt regierenden Parteien wohl kaum eine Chance.

Dass dies auch im Westen durchaus erkannt wird, davon zeugt die fast täglich wachsende Zahl der »Putin-Versteher«, die sich inzwischen immer deutlicher zu Wort melden [3], besonders hierzulande. Sie beweisen, dass Europa, anders als immer wieder suggeriert wird, keineswegs einheitliche Ziele verfolgt, sondern durch widerstreitende Interessen zerrissen ist und es großer diplomatischer Bemühungen bedarf, um den Eindruck zu erwecken, es spreche mit einer Stimme. So ist das westliche Bündnis unversehens in eine ähnliche Lage gekommen wie einst der Warschauer Pakt, in dem die Sowjetunion als stärkste Macht Text und Tonart der Politik vorgab – ohne Rücksicht auf die Interessen der Verbündeten, was immer wieder zu Konflikten führte – und zu einer allmählichen Erosion lange vor den Auflösungserscheinungen der 80er Jahre.

All dies hindert die Bundesregierung und die meisten hiesigen Medien nicht daran, besonders treu zum amerikanischen Verbündeten zu stehen. Angela Merkel hatte schon als CDU-Vorsitzende ein glühendes Bekenntnis zu US-amerikanischer Politik einschließlich aller ihrer Lügen, Täuschungen und Völkerrechtsbrüche abgelegt, als sie den Irakkrieg gut hieß und in der amerikanischen Presse den damaligen Bundeskanzler Schröder als eine Art vaterlandslosen Gesellen darstellte. Als Kanzlerin hat sie die Bundesrepublik endgültig auf die Rolle des treuesten europäischen Satelliten festgelegt. Er schlingert zwar gelegentlich, kehrt aber am Ende doch zuverlässig wieder auf die von Washington vorgegebene Umlaufbahn zurück – ungeachtet aller möglichen Kollateralschäden für die eigenen, vor allem ökonomischen Interessen.

All dies ist auch Wladimir Putin gut bekannt, und wie er es bewertet, lässt sich unschwer aus seinen von jeder Rücksichtnahme auf irgendwelche EU- und NATO-Drohungen und -Sanktionen freien Handlungen ablesen. Er weiß um die engen historischen Bindungen zwischen Russland und der Ukraine und um die Unfähigkeit der Westeuropäer, für ein östliches Problemland, das für viele vor kurzem noch »Sibirien« zugerechnet wurde, so viel Empathie zu empfinden, dass man dafür auch zu finanziellen Opfern bereit wäre. Er weiß ebenso um die Schwäche der vom Westen protegierten politischen Kräfte in der Ukraine und lässt den Dingen vorerst ihren Lauf, setzt zugleich der propagandistischen Deutung westlicherseits die eigene entgegen. Zumindest in Russland hat er damit die übergroße Mehrheit der Bevölkerung auf seiner Seite.

Solange der Westen diese einfachen Tatsachen ignoriert und in ideologischer Verblendung glaubt, er müsse gegen Russland einen Sieg erringen, wird er weiter in jener Hilflosigkeit operieren, die er spätestens seit der Eingliederung der Ukraine in die russische Föderation an den Tag legt. Putin hingeghen ist drauf und dran, zumindest kurzfristig die USA erneut vorzuführen – und mit ihnen ihre treuen europäischen Satelliten mit der Bundesrepublik an der Spitze.