Zweierlei Maß für Mordopfer in der Ukraine und in Russland

(pri) Mordopfer sind offensichtlich nicht gleich Mordopfer. Es gibt würdige Mordopfer – und unwürdige. Erstere erfahren große Aufmerksamkeit bis hin zur Verklärung ihrer Person, bei gleichzeitiger scharfer Anklage der vermeintlichen Mörder – besonders dann, wenn diese ohnehin schon zu den Schurken dieser Welt erklärt wurden. Letztere jedoch sind kaum eine Meldung wert, und wenn doch, dann versieht man sie mit Attributen, die eine gewisse Zwangsläufigkeit ihres Schicksals nahe legen. Und über mögliche Täter schweigt man erst recht oder strickt an Verschwörungstheorien, wie man sie gerade erst dem Gegner vorgeworfen hat.

Das eine erlebten wir jüngst bei der Ermordung des russischen Politikers Borids Nemzow, der in ausführlichen Porträts, mit Sondersendungen und in Talk-Shows gewürdigt wurde, nicht ohne den Zusatz, dass für seinen Tod mit an Wahrscheinlichkeit grenzender Sicherheit die russische Regierung verantwortlich war, namentlich Putin. Manche erweckten angesichts des Tatorts nahe des Kreml gar den Eindruck, der russische Präsident habe höchstselbst mit der Makarow-Pistole hinter der Gardine gestanden.

Ganz anders jetzt in zahlreichen Fällen politischer Morde in der Ukraine, die von den hiesigen »Qualitätsmedien« kaum zur Kenntnis genommen werden. So starben in den vergangenen Wochen der Ex-Gouverneur Olexandre Peluschenko, die früheren Parlamentsabgeordneten Oleg Kalaschnikow und Stanislaw Melnik, der Parlamentsmitarbeiter Michailo Tschetschetow und zuletzt der Journalist Oles Busina unter ungeklärten Umständen bzw. wurden – wie Kalaschnikow und Busina – auf offener Straße erschossen. Die Parlamentarier gehörten allesamt der früheren Partei der Regionen des Ex-Präsidenten Viktor Janukowitsch an, der Journalist und Blogger Busina gab sich offen als Oppositioneller gegenüber der gegenwärtigen ukrainischen Regierung zu erkennen, was in den wenigen Meldungen über seinen Tod mit den Attributen »pro-russisch« und »Anti-Maidan-Aktivist« beschrieben wurde, also in den hiesigen Medien negativ besetzten Begriffen.

Und mehr noch. Bereitwillig übernahm man in hiesigen Medien ukrainische Darstellungen über zu vermutende russische Urheberschaft der Mordserie, für die sich nicht einmal der ukrainische Präsident zu schade war– so wie es zuvor in Moskau einige im Fall Nemzow getan hatten, die westliche Hände im Spiel sahen. Sogar das Wort vom »sakralen Opfer« tauchte wieder auf – damals des Westens, diesmal als »sakrales Opfer des Kreml«.

Und das alles, obwohl sich eine »Ukrainische Aufständische Armee« als verantwortlich zumindest für die beiden letzten Morde bekannte und gleichzeitig andere ukrainische Oppositionelle ebenfalls mit dem Tode bedrohte, wenn sie das Land nicht verlassen. Doch diese rechtsterroristische Gruppe ist anti-russisch und »Pro-Maidan«, was sie ganz offensichtlich vor kritischen Recherchen der zahlreichen von ihren Redaktionen hoch gelobten westlichen Korrespondenten in der Ukraine schützt.

One Reply to “Zweierlei Maß für Mordopfer in der Ukraine und in Russland”

  1. Wie von unabhängigen Kennern der Ukraine vorausgesagt, versinkt das Land immer mehr im Chaos eines Bürgerkrieges. Nach dem Verlust der Krim und wirtschaftlich, bedeutender Teile der Ost-Ukraine, tobt nun der Kampf um die noch beherrschten Einflußbereiche der Kiewer Oligarchen. Der gegenwärtige „präsidiale“ Oligarch Poroschenko setzt dabei auf die Hilfe der USA. Etwa einhundert Drill-Master der US-Fallschirmjäger sollen den Freiwilligen der ukrainischen Nationalgarde(!) eine „höhere Kampfkraft“ vermitteln. Die ukrainische Armee selber ist nur noch ein Schatten ihrer selbst nach den verlorenen Gefechten um die Ost-Ukraine.
    Im Inneren des Kiewer Einflußbereiches sollen nun „Todes-Schwadronen“ für Friedhofsruhe sorgen. Die Angehörigen solcher Einheiten sehen sich selber in der Tradition der Galizischen Waffen-SS aus Zeiten des Zweiten Weltkrieges. Nazi-Symbole werden offen an den Uniformen getragen und auf Fahnen gezeigt. Deutschland sollte sich darüber Gedanken machen!

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