Trotz der Dauerkritik an der großen Koalition – die Union scheint von ihr zu profitieren, während die SPD auf niedrigem demoskopischen Niveau verharrt. Je nach Umfrage liegen CDU und CSU zwischen 35 und 37 Prozent, während der SPD nur zwischen 26 und 30 Prozent zugetraut werden. Dieses erstaunliche Ergebnis dürfte Ausdruck der noch immer bestehenden strukturellen Mehrheit der Partei gegenüber ihren Konkurrenten in der Wählerschaft sein, die wohl vor allem mit der durchaus erfolgreichen Regierungszeit von CDU/CSU in den 80er und 90er Jahren zu erklären ist. Und es hat wohl auch nur Bestand, so lange die Unuion keine rein wirtschaftsfreundliche Politik betreibt, sondern zugleich soziale Sensibilität beweist. Insofern war der von der Wirtschaft und den wirtschaftsliberalen inner.- und außerhalb der Partei so hochgelobte Leipziger Parteitag mit seinen unsozialen Beschlüssen der eigentliche Grund dafür, dass es bei der Wahl 2005 nicht zum erhofften Sieg gemeinsam mit der FDP reichte, sondern gerade noch zu einem knappen Vorsprung vor der SPD, der zum Regieren nur die große Koalition ließ. Angela Merkel hat das offensichtlich verstanden und betreibt seither nicht nur in der Koalition, sondern auch gegenüber der Partei eine Politik, die nicht ausschließlich mit dem Etikett sozialer Kälte beklebt werden kann, sondern diesbezüglich weitaus flexibler ist. Das verschaffte ihr Luft und der Union den aktuellen Auftrieb in den Umfragen. Gleichzeitig rief dieser Kurs aber auch die Vertreter der reinen neoliberalen Linie auf den Plan, die ihre Felle davonschwimmen sehen und nun eine Grundsatzdebatte über den Kurs von CDU/CSU eingeleitet haben – vordergründig mit der Familienpolitik, doch verbirgt sich dahinter – siehe Merz‘ Abgang – viel mehr.