Lernen von der Diktatur

Der so genannte Rechtsstaat, so lernen wir gegenwärtig, sucht – sobald er sich gefährdet sieht, und sei es auch nur durch einen so ominösen wie zahlenmäßig winzigen »schwarzen Block« – sein Heil recht gern im Instrumentarium einer Diktatur. Aus den Mauern von Diktaturen wurden jene der Denokratien – inzwischen von inflationärem Ausmaß. Jener »Zaun« von Heiligendamm ist nur das letzte, wenn auch besonders lächerliche Beispiel für den Irrglauben von Politikern, Probleme ließen sich durch Grenzen lösen.

Auch die Aussonderung missliebiger Berichterstatter, wie sie das Bundespresseamt vor dem G-8-Gipfel betrieb, ist aus Diktaturen geläufig; besonders gern kritisiert man so etwas, wenn es auf Kuba passiert. Nicht unbekannt auch die Beschränkung des Demonstrationsrechtes durch Auflagen, die es zur Farce machen – wofür bislang China als permanenter Sünder galt. Gegen Opposition legen Diktatoren Listen der üblichen Verdächtigen an, die im Ernstfall in Internierungslager verbracht werden sollen. Den ursprünglich für Einzelfälle gedachten »Unterbindungsgewahrsam« auf radikale Demonstranten auszuweiten, ist ein Weg in die gleiche Richtung. Und bei dem famosen Vorschlag, zur Identifikation potenzieller »Gewalttäter« Geruchsproben anzulegen, scheinen die mit diversen Textilstücken versehenen Weckgläser im Stasi-Museum an Leipzigs Runder Ecke Pate gestanden zu haben.

Aber wir wollen nicht ungerecht sein; nicht nur hierzulande entwickelt die Diktatur eine eigenartige Faszination. Wie zu hören ist, planen die USA zur Verhinderung ihres totalen Scheiterns in Irak dort jemand zu platzieren, »der mit Ausnahmezustand, hartem Duchgreifen und Zwangsmaßnahmen den Irak wieder zur Ruhe bringen soll«. Nach dem Motto: Der Diktator ist tot. Es lebe der Diktator.