Die vergifteten Ratschläge der Rechthaber

Wie jeder Rechthaber, der die eigene Schuld ungerührt ignoriert, zeigt die Union jetzt mit langen Fingern auf die SPD. Sie habe gegenüber der Linkspartei versagt, denn es sei ihr als eigentlich auch linker Kraft nicht gelungen, die Konkurrenz am noch linkeren Rand klein zu halten. In gewisser Weise haben CDU und CSU damit sogar Recht, hat doch die SPD tatsächlich kein Mittel gegen die Linke gefunden – einfach deshalb, weil sie einen politischen Kurs einschlug, der von ihr früheren Klientel der oft Benachteiligten der Gesellschaft weg führte in eine ziemlich undefinierbare Mitte und damit links Räume freigab, in die erst die SPD-Absplitterung WASG und dann auch die sich mit dieser vereinigende PDS vorstießen. Insofern tat die Linke nicht anderes als einen Teil heimatlos gewordener Wähler an sich zu ziehen, ehe sie vielleicht in totaler Resignation oder gar bei Rattenfängern ganz Rechtsaußen landen.

Diese Umorientierung der SPD, für die solche Begriffe wie Agenda 2010 und Hartz IV, aber auch Bundeswehreinsätze im Ausland stehen, ist noch vor kurzem von beiden Unionsparteien hoch gelobt worden. Gerade sie haben nicht unwesentlich dazu beigetragen, dass die Sozialdemokratie diesen für sie verderblichen Weg einschlug; ihre jetzige Kritik am Versagen der SPD, dennoch bis weit nach links attraktiv zu bleiben, entbehrt somit nicht einer gewissen Ironie oder gar der Hohns nach dem Motto: Wer den Schaden hat, muss für den Spott nicht sorgen. Und auch ihre Ratschläge, wie der Fehlentwicklung der SPD abzuhelfen sei, verraten wenig Konstruktivität – sagen sie doch im Kern nichts anderes als so weiterzumachen, nur noch gründlicher.

Für die Union ist das eine nützliche Strategie, wie sich bei der Landtagswahl in Niedersachsen zeigte. Denn je kleiner die SPD wird, umso weniger fällt für die CDU die Stärke der Linkspartei ins Gewicht. Ihr gelang es in Hannover, zusammen mit der FDP eine Mehrheit zu gewinnen, obwohl sich mehr als sieben Prozent der Wähler für die Linke entschieden. In Hessen jedoch, wo die SPD weitaus stärker war, hatte die Linke Mühe, in den Landtag zu kommen – und gleichzeitig fehlt der CDU eine Mehrheit mit der FDP. Daraus ergibt sich, dass eine wenigstens einigermaßen glaubwürdig Linkspolitik versprechende SPD durchaus Chancen hat, nicht nur die Linke klein zu halten, sondern auch die CDU zu überflügeln, während eine SPD, die – wie in Niedersachsen – mit Gerhard Schröder oder Kurt Beck identifiziert wird, gegenüber dem »bürgerlichen Lager« auf der Strecke bleibt und der Linkspartei zu überraschenden Resultaten verhilft.

Obwohl dies alles ziemlich klar auf der Hand liegt, ist nicht zu erwarten, dass die SPD daraus die entsprechenden Schlüsse zieht. Sie hatte sich schon mit ihrer Agenda-Politik in großen Teilen auf den von der Union und den Wirtschaftsbossen abgesteckten Irrweg begeben und damit ihren Niedergang eingeleitet, und sie wird auch jetzt den vergifteten Ratschlägen von Rechts eher folgen als dem eigenen Verstand. Schon gibt es Stimmen, die Andrea Ypsilantis Erfolg zu einer zufälligen Eintagsfliege erklären und ihrer Partei dringend empfehlen, den Kurs in weitere Niederlagen nicht zu verlassen. Sie halten es lieber mit Wolfgang Clement, der ziemlich offen zur Wahl von Roland Koch in Hessen aufrief; das gegen ihn angeblich angestrengte Ausschlussverfahren wird wohl wie das Hornberger Schießen ausgehen, weil damit einer der führenden Agenda-Politiker ausgeschaltet würde. Hingegen dürfte der Ausschluss Detlev von Larchers ziemlich glatt über die Bühne gehen. Der frühere Vorsitzende der parlamentarischen Linken hatte die Wahl der Linkspartei empfohlen und damit einen Kurswechsel seiner Partei erzwingen wollen. Der Ausgang beider Parteiverfahren dürfte den gegenwärtigen Standort der SPD bestätigen; als links ist er kaum zu beschreiben.

One Reply to “Die vergifteten Ratschläge der Rechthaber”

  1. Ich fürchte ja dass in beiden grossen Parteien echte Personalwechsel anstehen. Die SPD ist auf dem Kurs der Titanic. Der Eisberg ist in Sicht. Die Matrosen wissen es schon lange doch der Kapitän hält wie versprochen Kurs. Was tun?, fragt sich der Matrose. Ab in die Boote oder Meuterei und den Kurs ändern? Tja, da das nunmal deutsche Matrosen sind, haben sie mehr Angst vor dem Seegericht als vorm Rudern.. *g*

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