Angela Merkel entdeckt die Parteidisziplin

Der wohl bemerkenswerteste Satz der CDU-Chefin letztes Wochenende auf einer Konferenz mit 150 Kreisvorsitzenden ihrer Partei war ohne Zweifel jener, mit dem sie laut »Berliner Zeitung« von der CDU-Basis verlangte, »einen Beschluss der Regierung, den diese verantwortlich getroffen habe, mitzutragen« statt »sofort wilde Diskussionen anzufangen«. Sie hat damit auf innerparteiliche Kritik als echtes DDR-Kind reagiert. Obwohl sie der SED nie angehörte, hat sie deren praktizierte Parteidisziplin offensichtlich stark beeindruckt – so wie sie auch von »Fehlerdiskussionen«, wie man damals etwas vornehmer formulierte, nichts hält.

Und ganz entsprechend erklärte sie die Politik der schwarz-gelben Bundesregierung wieder einmal für alternativlos. Mag selbst in der eigenen Partei der Zweifel daran wachsen, wie die Diskussionsbeiträge der Funktionäre auf dieser Konferenz fast einhellig bewiesen – die Führung hält unerschütterlich Kurs. Mögen sogar die Lobbyisten der Wirtschaft mit ihrem feinen Gespür für die wirklichen Gefahren für ihre Profite inzwischen dazu raten, keine allzu abschüssige soziale Schieflage zuzulassen – Angela wischt derlei Bedenken beiseite und tritt auch damit in die Fußstapfen anderer beratungsresistenter Parteiführer, die freilich am Ende stets an solchem Voluntarismus scheiterten.

Als »Treppenwitz der Geschichte« würde es die Kanzlerin empfinden, gelinge das schwarz-gelbe Bündnis nicht. Doch vielmehr trifft diese Metapher für absurdes Theater auf ihre Neigung zu, solches Gelingen ausgerechnet mit dem Instrumentarium der DDR-Staatspartei herbeizuzwingen.