Bevor der künftige US-Präsident Barack Obama jetzt endgültig zu einem Messias oder gar zweitem Gott erklärt wird, der die Welt noch einmal erfindet, sollte man doch daran erinnern, dass seine erste Aufgabe darin besteht, das Land USA wieder in die Weltgemeinschaft, aus der es sich unter seinem Vorgänger George W. Bush so arrogant wie wie willfährig verabschiedet hatte, zurückzuführen. Obama hat die Übel benannt, die er übernehmen wird: Zwei Kriege, eine Finanzkrise und einen hochgradig gefährdeten Planeten. Verursacher all dessen war zwar nicht allein, aber doch an erster Stelle das Amerika Bushs. Insofern muss Obama zunächst einmal Trümmerarbeit leisten, um die Hinterlassenschaft wegzuräumen; von neuen US-amerikanischen Visionen hat die Welt erst einmal genug.
Davon jedoch war in Obamas ersten Reden kaum etwas zu hören, sondern eher die Ankündigung, gerade die genannten Übel noch beträchtlich in die eigene Präsidentschaft hinein zu verlängern – zum Beispiel durch die Aufstockung von Truppen auf den beiden Kriegsshauplätzen, zum Beispiel durch die Fortsetzung der irrsinnigen Ausgaben- und Verschuldungspolitik, nicht zuletzt für die Kriegführung, obwohl gerade das wesentlich den Finanzcrash verursachte, zum Beispiel durch das Schweigen über wirksame Maßnahmen gegen den Klimawandel. Obama hat die US-Amerikaner von sich überzeugt; nun gilt es, ihnen klarzumachen, dass es mit einer US-amerikanischen Vorherrschaft auf dem Erdball ein für alle Mal vorbei sein muss. So wie die Finanzwelt der Regulierung bedarf, ist erforderlich, dass sich die Vereinigten Staaten ins Weltgefüge einordnen, als ein Gleicher unter Gleichen, der allein an seiner Lösungskompetenz für die globalen Probleme und nicht an seinem Machtanspruch gemessen wird.
Dies seinem Volk, das immerhin zweimal George W. Bush zum Präsidenten gewählt hat und auch jetzt noch, auf den Trümmern von dessen Amtszeit, fast zur Hälfte für eine Fortsetzung der Politik seiner Partei stimmte, zu einer neuen Sicht auf die Welt zu veranlassen, darin besteht jetzt Obamas Aufgabe; sie ist eine Bringschuld gegenüber der Menschheit. Das mag viel verlangt erscheinen, doch es wäre zunächst nicht mehr als die Rückkehr der USA in den Schoß der zivilisierten Staaten, in dem es zum Beispiel ein Guantanamo, Folter, Lügen zur Entfachung eines Krieges und die Interpretation von Menschenrechten nach dem eigenen Gusto nicht geben darf. Bis zum Amtsantritt hat der neue Präsident noch zwei Monate Zeit; dennoch wartet die Welt darauf, dass aus seiner allgemeinen Ankündigung eines Wandels schnell Vorhaben werden, die konkrete Veränderungen erkennen lassen.
Acht Jahre haben George W. Bush genügt, um sein Land zu ruinieren und in den Augen der Welt zum Paria zu machen. So lange kann sich Obama nicht Zeit lassen, die Vereinigten Staaten wieder auf jene moralische Höhe zu entwickeln, die US-Amerikaner gern weltweit als demokratischen und menschenrechtlichen Standard proklamieren.
Über den US-Präsidenten George W. Bush läßt zweifellos zurecht viel Kritisches sagen, aber eines kann man ihm nicht absprechen: durch die moralisch und ökonomisch abgewirtschaftete Regierung Bush hat Amerika seinen ersten schwarzen Präsidenten erhalten. Die desaströse Herrschaft der Neokonservativen und Religiös-Konservativen hat das liberale Amerika nach langer Zeit der politischen Schwäche wieder erstarken lassen und sogar einen Afroamerikaner bis ins Weiße Haus katapultiert. George W. Bush als bester Wahlhelfer für Barack Obama!
Was wird Barack Obama, der neue große Hoffnungsträger der zivilisierten Welt, aber mit seinem gerade errungenen Wahlsieg zum US-Präsidenten anfangen bzw. überhaupt bewegen können? Die Handlungsspielräume sind auch für den „mächtigsten Mann der Welt“ kleiner, als vielleicht zu wünschen wäre, jedenfalls dann, wenn es um einen wirklichen politischen „Change“ auf den zahlreichen zu bearbeitenden Problemfeldern geht, wie die von Bushs ideologischen Scharfmachern begonnenen weltweiten Kriege und begangenen Menschenrechtsverletzungen, die sich erst im Entwicklungsgang befindliche Mega-Finanzmarkt- und Weltwirtschaftskrise und etwa das ungelöste Umwelt- und Klimaproblem, von der gigantischen Verschuldung des US-Haushalts ganz zu schweigen.
Die auch von Obama übernommenen hergebrachten Strukturen in Wirtschaft, Verwaltung, Politik und Mediengesellschaft lassen nur schwerlich von heute auf morgen eine Kulturwende zu. Auch wird die noch bis zum 20. Januar 2009 amtierende Bush-Administration nichts unversucht lassen, um Obama und seinem Regierungsteam noch die eine oder andere böse Überraschung zu bereiten und Fakten schaffen wollen, die den neuen Präsidenten in seiner Handlungsfähigkeit politisch einengen sollen.
Freilich könnte der von Obama in weiten Teilen der amerikanischen Gesellschaft und der Weltöffentlichkeit entfachte Enthusiasmus und die Begeisterung der Massen einer „anderen Politik“ vielleicht das dringend benötigte Stehvermögen und die angemessene Durchschlagskraft für substanzielle Veränderungen mitgeben im von Big Business und Wall Street-Kapitalismus geprägten und bestimmten „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“. Wenn Obama nicht nur PR-Berater, die Politik „gut zu verkaufen“ verstehen, um sich geschart hat, sondern auch Berater, die „gute Politik“ zu machen imstande sind, könnte es mit dem viel beschworenen „Change“ etwas werden – ansonsten steht Sarah Palin – ein weiblicher George W. Bush – auf seiten der Republikaner schon bereit für die Präsidentschaftswahl 2012. In 2008 haben 48% der zur Wahl gegangenen US-Bürger gegen den Demokraten Obama gestimmt.
Das war doch gute Politik, dass er nicht schon im Wahlkampf ständig die Probleme Amerika´s betont hat. Ein relativ junger Präsindentschaftskandidat, der Unsicherheiten zugeben würde, würde nicht gewählt werden. Es hat Mac offenbar geschadet, dass er zugab wenig Ahnung von der Wirtschaft zu haben. In der US Berichterstattung finden sich auch Diskusionen darüber, dass sich Politiker kaum leisten können Zweifel an ihrer „Unfehlbarkeit“ aufkommen zu lassen. Ein (großer?) Teil von Obama´s Wählern wird sich dessen schon bewußt gewesen sein, dass es sich auch in seinem Falle um einen Menschen handelt, der auch Fehler machen oder gar scheitern kann. Sie werden sich von einer positiven PR sicher nicht betrogen fühlen. Jedenfalls hat er sofort n a c h der Wahl aufgerufen die Erwartungen an seine Amtsperiode nicht zu hoch zu stecken.
Obama´s positiver Wahlkampfton hatte Erfolg, von dem er noch länger wird profitieren können. Als Skeptiker (damit sind sie, lieber Verfasser, gemeint) wäre er noch nicht mal zur Wahl angetreten.
@ Sofia Kasemann
Skepsis wird am ehesten durch Tatsachen abgebaut. Insofern hoffe natürlich auch ich auf Obama, bin aber nicht bereit, die Hoffnungen, die er weckte, nun herunterzuschrauben, weil sich dann nämlich wenig oder nichts ändert.