Dass Wolfgang Clement der SPD noch einmal einen Gefallen tun würde, damit hatte man kaum noch rechnen können. Er tat es heute dennoch, indem er die Partei, die nicht die Traute hatte, ihm ihrerseits den Laufpass zu geben, nun selbst verließ. Besser als seine Genossen hatte er wohl erkannt, dass er weder so sozial noch so demokratisch ist, wie es der Name der SPD verspricht – und zog die Konsequenzen. Das immerhin sollte man ihm zugute halten. Er stellte seine Überzeugung vor einen faulen Kompromiss – so wie einst auch Oskar Lafontaine; da wundert es nicht, dass einige zwischen beiden Parallelen sehen.
Aber natürlich gibt es zwischen beiden einen großen Unterschied. Weil Lafontaine die SPD verließ, weil er sie nicht mehr sozial und vielleicht auch nicht mehr demokratisch genug fand, während Clement davon wohl eher noch zu viel in der Partei diagnostizierte. Wo der eine in der SPD das Markenzeichen Links zunehmend vermisste, wollte der andere sie nach rechts zerren, was ein großes Stück weit auch gelang, ihm aber noch nicht genug. Nun kann er bei der FDP, die das auch schon eilig anbot, oder im Wirtschaftsflügel der CDU eine neue Heimat finden; dort dürften sich Konflikte mit den Parteifreunden in Grenzen halten.
Und das nicht zuletzt deshalb, weil Wolfgang Clement nicht einfach aus der SPD austrat, sondern diesen Austritt auch noch so inszenierte, dass seine Ex-Partei davon einen möglichst großen Schaden davon trägt – zur beträchtlichen Freude der politischen Konkurrenz. Wochenlang hielt er seine Personalie in einer zerstörerischen Diskussion, aber erst als diese beendet wurde, schoss er den Giftpfeil ab. Er folgte damit getreulich den Beispiel von dreien der vier Abweichler in der hessischen SPD. Auch sie ließen ihre Partei monatelang diskutieren, doch erst als sich eine Entscheidung abzeichnete, schlugen sie zu. Eigentlich handelt so nur jemand, dem es weniger darum geht, seine Genossen für die eigene Überzeugung zu gewinnen, als um den größtmöglichen Schaden für die Partei, ihre Bestrafung dafür, dass sie mehrheitlich bei ihrer anderen Meinung blieb.
Somit kann man Clement im Grunde genommen nicht einmal zugute halten, daß er „seiner“ SPD nach 38 Jahren Mitgliedschaft den Rücken gekehrt hat. Der Mann, der bei Lichte besehen nie so sozial war, als daß ihn dies daran gehindert hätte, offen mit den Wirtschaftsbossen zu paktieren; der Mann, für den innerparteiliche Demokratie nur nützlich war, wenn sie seinen selbstischen (Macht-)Zielen genügte und die er zur „Ein-Mann-Show“ machen wollte. Von seinen andauernden Rüpeleien und ständigen Ruppigkeiten Andersdenkenden gegenüber ganz zu schweigen. Der überversorgte Polit-Lobbyist und ehemalige „Super-Minister“ im Kabinett Schröder kann sich seine unflexible und starre Haltung aber auch erlauben. Anderen hat Clement mit seiner Reformpolitik freilich keine so rosige Zukunft beschert. Aber die „Sozialschmarotzer“ am unteren Ende der sozialen Skala waren ja nie Clements bevorzugtes Klientel.
Wieso nur konnte sich der rechte SPD-Clement erlauben, was Linken in der deutschen Sozialdemokratie stets verboten ist? Warum wagt die Parteiführung nach Clements unrühmlichen Abgang kaum ein Wort der offenen Kritik? Lafontaine aber wurde und wird zum „ewigen Populisten“ und „häßlichen Verräter“ gemacht.
Was wäre übrigens gewesen, wenn Ypsilanti dem Clement kurz vor einer wichtigen Wahl derart kräftig in die politische Suppe gespuckt hätte, wie Clement das vor der Hessen-Wahl getan hat? Die Reaktionen wären eindeutig gewesen: „Die rote Hexe aus dem Hessenland muß raus aus der Partei!“ Niemand hätte von Meinungsfreiheit gesprochen, die Clement und Konsorten in Partei und Journaille ständig einfordern, nur das parteischädigende Verhalten der verfemten Ypsilanti und ihrer linken Genossen wäre immerfort Zielscheibe der öffentlichen Kritik gewesen.
Dieses Weblog sollte eigentlich nicht blogsgesang heißen, sondern binsenweis oder dreschschlegel.
Gibt’s hier eigentlich nix anderes, als Abgeschriebenes, Wiedergekäutes oder Abgedroschenes?
Wenn Sie mal lesen wollen, lieber Peter Richter, wie man das Thema „Clementinchen“ auch anpacken kann, lesen Sie mal bei Don Alphonso nach.
@ Erich
So geht es auch, aber es geht eben auch anders. Das ist ja das Schöne an der Blogosphäre!
Habe mich auf meinem BLog mit dem gleichen Thema beschäftigt. Allerdings auf einer anderen Ebene. –> http://hingesehen.blogspot.com/2008/11/durch-die-parteien-oskar-trifft.html
Kann nur sagen, ein Glück dass Clement endlich weg ist… :-/