Frankreichs Wahl und Merkels Feindseligkeit

(pri) Wenn François Hollande am Sonntag die Stichwahl um die französische Präsidentschaft gewinnt, dann ist das angesichts der Dürftigkeit seines konkreten Programms mit vielen vagen Verheißungen und wenigen belastbaren Aussagen weniger sein Sieg, sondern eher die Niederlage des derzeitigen Amtsinhabers Nicolas Sarkozy. Der 2007 in den Elysee-Palast eingezogene Emporkömmling aus kleinen Verhältnissen hat sich allzu sehr als der korrumpierte Erfüllungsgehilfe des großen Kapitals, der Reichen und dadurch Mächtigen im Land erwiesen, als dass er in diesen Zeiten der sprunghaft wachsenden sozialen Ungerechtigkeit mit einer Erneuerung seiner Lizenz zum Regieren rechnen konnte. Er teilt darin übrigens das Schicksal eines hiesigen Emporkömmlings, des einstigen SPD-Kanzlers Gerhard Schröder, der in ganz ähnlicher Weise den Beutezug des gro0ßen Geldes auf die Taschen der kleinen Leute exekutierte und daher von den deutschen Wählern auch ähnlich abgestraft wurde, wie es jetzt Sarkozy bevorsteht – selbst um den Preis, etwas noch Schlechteres zu wählen. Auch dem kollektiven Wähler sind emotionale Entscheidungen nicht fremd, so irrational sie mitunter erscheinen mögen.

Für Frankreich bedeutete das wohl vor allem die Hinwendung von immerhin fast 18 Prozent zum rechtsextremistischen Front National von Marie Le Pen, die damit bedrohlich nahe an die Stichwahlteilnahme herankam. Dieses Resultat war auch eine »braune Karte« für Hollande, und die Unsicherheit über das Verhalten der nach rechts gewanderten Wähler in dieser Stichwahl ist gewiss die letzte Chance für Sarkozy, der deshalb selbst in die Rolle des Rechtsradikalen schlüpfte. Womit er einmal mehr bewies, wie wenig demokratische Grundsätze und wie sehr unbedingtes Machtstreben seine Politik bestimmen.

 

Schon aus diesem Grunde ist die zwillingshafte Nähe der deutschen Bundeskanzlerin zu Sarkozy kein Ruhmesblatt; viel mehr aber noch, weil sie dessen verfehlte Wirtschaftspolitik weitgehend diktierte. Vor altem im Verein mit Frankreich setzte sie die Daumenschrauben bei jenen europäischen Staaten an, denen zuvor ein schneller Anschluss an fortgeschrittenes europäisches Wirtschaftsniveau vorgegaukelt worden war. Schon Kohl, dann Schröder und auch Merkel hatten nichts dagegen, technisch und technologisch sehr unterschiedlich entwickelte Länder mit deutschen Waren zu überschwemmen, gern auch auf Kredit., um nun die Schulden mit harten Bandagen einzutreiben. Hollande hat erklärt, das nicht mehr mitzutragen; inwieweit er diesbezüglich konsequent bleibt und sein Land nicht selbst schon so abhängig ist, dass am Ende Berlin ihm die Bedingungen diktieren kann, muss man abwarten. Die Franzosen, die den Wechsel wollen, werden sich noch weniger als andere in dieses fremdbestimmte Schicksal fügen. Insofern könnte Angela Merkel mit ihrer feindseligen Gesten gegenüber Hollande auf dem Wege sein, zur alten deutsch-französischen Erbfeindschaft zurückzukehren.

 

One Reply to “Frankreichs Wahl und Merkels Feindseligkeit”

  1. Ich erinnere mich an die Zeit der Wahl zwischen den zwei Kanidaten Sarkozy und Ségolène Royal. In einem Fernsehbericht war davon die Rede, dass Sarkozy den USA näher stand als Royal – und ich dachte mir damals, da wird wohl Sarkozy drankommen.

    Aber inzwischen sind wir nun alle von der Wall Street Krankheit befallen. Das muss wohl den Einfluss Amerikas auf das französische Wählervolk gedämpft haben. Es wird interessant sein, inwieweit das als generelle Einflussminderung zu werten ist oder nur ein Schlagloch auf einer sonst stabilen Straße.

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