(pri) Der Rechtsterrorismus sei ein neues Phänomen, sagt Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und beweist damit nur, dass er noch immer auf dem rechten Auge blind ist. Denn Rechtsterrorismus gibt es in Deutschland seit mindestens 20 Jahren; das belegt schon die hohe Zahl seiner Opfer, die sich nach seriösen Erhebungen der Zahl 200 nähert. Es dokumentieren aber auch die fast wöchentlichen martialischen Aufmärsche rechtsextremistischer Organisationen, Verbände, »Kameradschaften« und einer legalen Neonazi-Partei, die ihre Existenz hauptsächlich dem Zufluss staatlicher Mittel verdankt. Es beweisen die so genannten national befreiten Zonen in vielen Landesteilen und der Psychoterror gegen jene, die sich dem braunen Spuk mutig entgegenstellen.
All diese Vorgänge, die zwar (noch?) nicht im Umfang, wohl aber in der Art beängstigend an vergleichbare Entwicklungen in den frühen 30er-Jahren des letzten Jahrhunderts in Deutschland erinnern, waren und sind allgemein bekannt. Es wurde darüber gesprochen und geschrieben – und zugleich verharmlost und bagatellisiert. Die Opfer fanden nur selten Gehör – nicht bei der Politik, kaum in den Medien, auch nicht bei der Justiz und schon gar nicht in der Polizei und in Geheimdiensten. Dabei haben gerade sie klare und relevante Signale ausgesandt, die jedoch in aller Regel ignoriert wurden. An einige dieser Opfer, die die Öffentlichkeit trotz aller Gefahren nicht scheuten, und jene wenigen, die sich solidarisch an ihre Seite stellten und sich damit Anfeindungen aussetzten, soll noch einmal erinnert werden.
Auf William Zombou stieß ich anlässlich eines Prozesses, der 1999 im brandenburgischen Königs Wusterhausen stattfand.
Fremdenfeindlichkeit
„Nehmt den Neger von den Autos weg!“
Brandeburg: Gericht entscheidet gegen Ermutigung der Bürger zu Zivilcourage
Das Amtsgericht Königs Wusterhausen hat vier Taxifahrer, die einem von Skinheads angegriffenen Afrikaner nicht helfen wollten, frei gesprochen.
Fast ist das hierzulande schon ein normaler Vorgang. Ein Afrikaner, in diesem Fall der damals 27-jährige Kameruner William Zombou, kommt an einem Septemberabend 1998, gegen 23 Uhr, auf dem Bahnhof Königs Wusterhausen an, weil dort zwei Arbeitskollegen mit dem Auto warten, die den in den Ferien jobbenden Studenten der Wirtschaftswissenschaften mit in ihren Betrieb nehmen wollen. Auf dem Bahnsteig sehen zwei Jugendliche den Dunkelhäutigen, und schon ist er als Opfer auserkoren. Sie schlagen ihm die Mütze vom Kopf, schlagen und treten auf ihn ein, stoßen ihn schließlich die Eisentreppe zum Bahnhofsvorplatz hinunter.
Dort sieht Zombou, schon halb benommen, einige Taxis stehen – und ist erleichtert: Man wird ihm helfen. »Help me!«, ruft er und läuft auf die Autos zu. Die Schläger folgen ihm, prügeln weiter auf ihn ein. Keiner der Taxifahrer unternimmt etwas; erst als Zombou gegen einen der Wagen gestoßen wird, springt der 58-jährige Hans-Jörg F. heraus und ruft »Weg von den Autos!« Man hätte ja bei der Prügelei »einen Spiegel abreißen« können, erklärte er dem Gericht zur Begründung. F. ist groß und kräftig, die Jugendlichen gehorchen, greifen aber in einiger Entfernung Zombou erneut an. Der wehrt sich nun, weil er weiß, dass er keine Hilfe zu erwarten hat.
Vor Gericht stellte sich das jetzt für ihn als belastend heraus, obwohl das ärztliche Gutachten eindeutig die Verletzungen des Kameruners auflistet: Schädelprellung, Hämatom an der linken Augenbraue, geschwollener Lippen. Davon ungerührt, schilderte der 38-jährige Angeklagte Karsten R. seine Beobachtungen: »Ich sah, wie Herr Zombou immer wieder auf den einen Weißen losging«. Auch der 52-jährige Thomas K. will nur gesehen haben, »wie der Afrikaner auf einen am Boden liegenden Weißen einschlug«. R. hörte auch ein Krachen, und tatsächlich ist das Nasenbein eines der Schläger zu Bruch gegangen – nicht aber durch William Zombou, sondern durch seinen Kumpan, der das eigentliche Ziel verfehlte. Der Afrikaner habe zwar gebeten, dass »endlich jemand mal die Polizei bestellt«, aber man sei sich sicher gewesen, hier handele es sich um eine der üblichen Schlägereien vor den Bahnhof von Königs Wusterhausen; da könne man nicht jedes Mal die Polizei rufen.
Für William Zombou, der mittlerweile sein Studium abgeschlossen hat und in als Wirtschaftsinformatiker arbeitet, war die Erfahrung des totalen Ausgeliefertseins besonders erniedrigend. Dass er mit Angriffen von Skinheads rechnen muss, war ihm bekannt, aber dass ihm Deutsche in seiner Not nicht helfen wollten, hätte er nicht erwartet. »Bei den Angeklagten handelte es sich nicht um irregeleitete junge Männer, die ausländerfeindliche Parolen rufen, sondern um gutsituierte Bürgerinnen und Bürger von Königs Wusterhausen, die einem offensichtlich rechtsextremen Überfall tatenlos zusehen«, sagte dazu Christina Clemm, die Zombou als Nebenkläger vertrat, in ihrem Plädoyer. Denn dass die Angreifer ausländerfeindliche Begriffe riefen, ist aktenkundig. »Kanake«, »Ausländersau«, »Negerschwein« hat auch die 45-jährige Taxifahrerin Siegrid K. gehört, und da habe sie überlegt, ob das vielleicht Rechte seien. Einer ihrer Kollegen – wer, war im Prozess nicht zu ermitteln – soll die Schläger sogar direkt aufgefordert haben, »den Neger weg zu nehmen«, und Karsten R. hatte sich später im Fernsehen damit gebrüstet, dass er Ausländer hasse. Vor Gericht begründete er das damit, dass sie nur Rechte und keine Pflichten hätten.
All diese Umstände des Falls waren für Richterin Griehl kein Grund, den Sachverhalt anders als die Angeklagten zu sehen. Sie sprach die vier Taxifahrer frei, weil es offensichtlich zur Normalität des Bahnhofsvorplatzes in Königs Wusterhausen gehöre, dass dort Schlägereien stattfinden und für die Angeklagten daher eine besondere Gefahren- oder Notsituation für William Zombou nicht gegeben war. Auch wenn das Land Brandenburg hinsichtlich des Umgangs mit Ausländern keine besonders rühmlich Rolle spiele, könne doch eine Verurteilung um der Verurteilung willen nicht erfolgen. Eine Straftat jedoch habe die Beweisaufnahme nicht ergeben.
Dabei hatte die Staatsanwaltschaft gründlich ermittelt, nachdem die Polizei zunächst den Anruf Zombous mit der Bemerkung abtat, da spreche einer so »richtiges Neger-Englisch«. Die Anklage lautete daher nicht nur auf unterlassene Hilfeleistung, sondern auch auf Beihilfe zur schweren Körperverletzung, die gegenüber den unmittelbaren Tätern bereits mit Bewährungsstrafen von zehn bzw. zwölf Monaten geahndet worden war. Von letzterem Vorwurf rückte der Staatsanwalt bereits in seinen Plädoyer ab, war doch in der Beweisaufnahme klar geworden, dass den Beschuldigten offensichtlich mehr geglaubt wurde als dem Opfer. Das veranlasste Christina Clemm zu der bitteren Bemerkung, selten habe sie ein Verfahren erlebt, bei dem so offenkundig versucht wurde, die Täter zu Opfern und das Opfer zum Täter zu machen. Durchgängig verballhornten sowohl die Angeklagten als auch zum Teil ihre Verteidiger den Namen des Opfers, der mal »Zambou«, mal »Zombo«, am liebsten aber »Zombie« genannt wurde. Ein Verteidiger fand, dass Zombou mehr »subjektive Auffassungen als Tatsachen« vorgebracht habe, ein anderer schätzte das »Kräfteverhältnis« zwischen ihm und seinen beiden Angreifern »äußerst ausgewogen« ein, sie alle beklagten die »Vorverurteilung durch die Presse«.
Rein juristisch betrachtet, mag sich die Richterin mit ihrem Urteil, gegen das der Nebenklägervertreterin sofort Berufung ankündigte, durch das Gesetz bestätigt sehen; politisch und moralisch setzt es allemal ein verheerendes Signal. »Man muss befürchten, dass nach diesem Urteil die Leute bei ausländerfeindlichen Angriffen erst recht weggucken und nicht einschreiten«, sagt Christina Clemm. Für sie sei das Urteil ein fragwürdiges Zeichen »Brandenburger Toleranz« – nämlich der »Toleranz mit jenen, die Ausländer zusammenschlagen«. Auf jeden Fall aber ist es ein erneuter Beleg dafür, dass eine Justiz, die nicht in der Lage und bereit ist, den Blick auch einmal aus dem Gesetzbuch heraus auf die Gesellschaft und ihre Realität zu richten, ihrer Aufgabe nicht gerecht wird.
(Veröffentlicht in »Neues Deutschland« vom 12.11.1999)Zu William Zombou, der seine Würde gewahrt sehen wollte und Unrecht nicht klaglos hinnahm, sondern wehrhaft für seine Rechte eintrat, war aber noch mehr zu sagen. Stand sein Fall doch exemplarisch auch für das Versagen vieler Mitbürger in diesem Land, die die Folgen ihrer Gleichgültigkeit und Feigheit jetzt verstört, weil sie ahnen, dass sie daran ihren Anteil haben.
Das zweite Leben des William Zombou
Ein Afrikaner in Deutschland – keine schöne und schon gar keine christliche Geschichte
Zombou hätte tot sein können. Ausgelöscht weit weg von seiner Mutter, weit weg von der Heimat Kamerun mit dem Tschad-See im Norden und dem Golf von Guinea im Südwesten, mit ihren weiten Savannen und den Gebirgsmassiven bis 4000 Meter Höhe, mit Regenwäldern und quirligen Städten. Ausgelöscht auf dem Bahnhofsvorplatz in Königs Wusterhausen, Land Brandenburg, Deutschland. Er hatte schon auf der Erde gelegen, sah die Springerstiefel direkt vor den Augen, rappelte sich wieder auf und dachte nur noch: Nicht wieder zu Boden gehen, sie zertrümmern dir den Schädel. Er klammerte sich an einen der Angreifer, während der andere auf ihn eindrosch. Er versuchte den Schlägen auszuweichen. Er kämpfte um sein Leben.
William Zombou schaffte es. Er lebt. Er gestikuliert mit den Händen, die Worte sprudeln, das Erlittene stürzt ihm von den Lippen, wieder und wieder. Fast schreit er es heraus, denn es soll gehört werden. Eindringlich ist sein Bericht, denn er soll eindringen. Er soll hängen bleiben wie ein Widerhaken, den der Zuhörer vielleicht spürt, wenn er das nächste Mal gerade wegsehen, weghören, weggehen will.
*
Bis dahin hatte William ein normales Leben geführt – das normale Leben eine Schwarzen unter Weißen in Deutschland. Eines Menschen, bei dem schon der erste Augenschein die Vermutung nahe legt, dass er nicht »von hier% kam und deshalb für viele auch nicht nach hier gehört. 1993 war er nach Deutschland gekommen, wollte Wirtschaftsinformatik studieren und entschied für die TU Dresden, weil die einen guten Ruf bis hin nach Kamerun hatte. Der heute 28-Jährige machte bald andere Erfahrungen und wechselte nach Berlin, in die Anonymität der Metropole. Er studierte an der Fachhochschule für Technik und Wirtschaft, der früheren HfÖ in Karlshorst.
Sehr viel anders als in Sachsen war es aber auch in der Hauptstadt nicht. Da wie hier rief man ihm auf der Straße »Affe« und»Neger« hinterher, fragte im Haus, wann er zuletzt geduscht habe, und glotzte ungeniert, wenn er mit seiner weißen Frau – er hatte 1996 eine Krankenschwester geheiratet – daher kam. Bei C&A in Dresden musste er seinen Rucksack auspacken, als er den Laden verlassen wollte. Nachdem er anderswo einen Rasierapparat gekauft und schon bezahlt hatte, wurde er auch hier vom Ladendetektiv kontrolliert. Er war mit zwei – afrikanischen – Freunden gekommen. Drei Schwarze im Laden – da war allemal Gefahr im Verzug!
Nicht weniger schlimm sind für William Zombou, der außer Deutsch perfekt Englisch und Französisch spricht, inzwischen sein Diplom gemacht hat und bei einer Software-Firma am Berliner Kurfürstendamm arbeitet, die subtileren Zeichen von Missachtung. So wenn der Gegenüber im Gespräch radebrecht und zur Zeichensprache übergeht – als verstünde der Fremde kein normales Deutsch. Manche denken noch, sie tun ihm einen Gefallen. Energisch schüttelt William den Kopf:. »Die beste Hilfe ist, wenn sie richtig Deutsch sprechen. Dann kann ich etwas dazulernen.«
Zombou ist sensibel geworden für die Reaktionen seiner Mitmenschen. Erfahrungen haben ihn misstrauisch gemacht. Er kann nicht immer beschreiben, was ihn stört oder kränkt. Seine Schwiegereltern aus dem Eichsfeld – er ist Schulleiter, sie Ärztin – geben ihm keinen Anlass zur Beschwerde. »Sie würden mir fast alles schenken, wenn ich es wollte«, sagt er, aber auch: »Doch normalen menschlichen Umgang stelle ich mir anders vor.« Irgendwie lässt ihn das Gefühl nicht los, die Schwiegereltern hätten sich für die einzige Tocher etwas »Besseres% gewünscht. Jetzt liegen seine Hände schwer auf dem Tisch, leise ist seine Stimme: »Wenn ich sogar da in Frage gestellt werde …« Doch schnell verscheucht er den traurigen Gedanken, und es klingt trotzig: »Ich habe gelernt,mit meinen Problemen umzugehen. Ich habe kein Problem, das Problem haben sie.«
*
Und dennoch – dass es ihm so schlimm ergehen würde in Deutschland, das hatte er nicht erwartet. »Ich dachte, ich habe alles erlebt, was man hier als Ausländer erleben kann. Nie hätte ich erwartet, dass man ohne Grund, einfach so angegriffen und fast zu Tode geprügelt werden kann.« Am 18. September 1998 wurde der Kameruner eines Anderen, Schlechteren belehrt. Er hatte in den Semesterferien einen Job in Mittenwalde angenommen, tägliche Nachtarbeit – weit weg von seiner Wohnung im Norden Berlins. Er fuhr mit der S-Bahn, von Königs Wusterhausen nahmen ihn zwei Kollegen mit. So sollte es auch an diesem Freitagabend sein. Doch als er den Zug verließ, steuerten drei junge Burschen auf ihn zu, rechte Schläger. Sie rissen ihm die Mütze vom Kopf, schlugen und traten auf ihn ein, jagten ihn über den Bahnhofsvorplatz. Er sah eine Reihe Taxis, rannte auf sie zu. Sie würden ihm helfen. Zwei Skinheads, der Dritte hatte von ihm abgelassen und in den späteren Prozessen als Zeuge ausgesagt, folgten und lauerten: Wie würden die Taxifahrer reagieren? »Erst als sie merkten, dass sie mich wegschicken, sogar dazu aufforderten, mich von den Autos wegzunehmen, haben sie weiter geschlagen.« Nun wusste William, dass er allein war, nur noch sich selbst helfen konnte. Er kämpfte um sein Leben..
Und er ist davon gekommen. Damit könnte die Geschichte zu Ende sein – für William Zombou ist sie es nicht. Der gläubige Katholik denkt auch an jene, die nicht mehr leben. An Amadeu Antonio, den Angolaner, der schon 1990 in Eberswalde zu Tode getreten wurde. An Jorge Joao Gomundal, den man 1991 in Dresden aus der Straßenbahn warf, woran er starb. An Omar ben Noui, der in Guben zu Tode gehetzt wurde. Und an jene, die bleibende Schäden davon trugen: Martin Agyare, der 1994 aus der Berliner S-Bahn geworfen wurde, ein Bein verlor und den man drei Jahre später erneut angriff. Orazio Giamblanco, den Skins 1996 in Trebbin zum Krüppel schlugen. Noel Martin, dem in Mahlow ein Stein ins Auto geschleudert wurde, worauf er gegen einen Baum fuhr und seitdem querschnittgelähmt ist. »Ich bin ein Opfer wie sie«, sagt Zombou, »aber ich durfte weiterleben, meine Gesundheit behalten. Ich darf mich für sie öffnen, darf die Öffentlichkeit alarmieren.« Er versteht sein Überleben wie ein Vermächtnis, einen Auftrag, damit sich Ähnliches nicht so leicht wiederholen kann. »Weil ich noch lebe, kann und muss ich etwas tun.« Ein zweites Leben – damit vielleicht andere das ihre nicht verlieren.
Der Afrikaner hatte sich auch vorher immer gewehrt. Er verlangte das Beisein der Polizei, wenn ihn Ladenbesitzer ohne Grund kontrollieren wollten, zeigte sie sogar wegen Verleumdung und Freiheitsberaubung an. Er stellte die Detektive zur Rede, wenn sie allein seine Hautfarbe als zureichenden »Anfangsverdacht« ansahen. Er brachte seinen Wohnungsnachbarn vor Gericht, als der betrunken über ihn her fiel und ihn würgte. Es wollte damit seine Würde wahren, selbstbewusst signalisieren, dass er sich nicht alles gefallen lässt. Er wollte aufklären, warnen, alarmieren. Nicht nur die eigentlichen Täter sollten bestraft werden, er wollte auch jenen, hinter denen sie sich verstecken, unbequeme Fragen stellen, sie zum Nachdenken zwingen – und vielleicht zum Handeln ermutigen. »Wer erkennt und bekennt, dass er nicht richtig gehandelt hat, ist schon auf dem Weg. Wer das nicht einmal will, wird sich nicht ändern.«
Er verklagte die Taxifahrer von Königs Wusterhausen wegen unterlassener Hilfeleistung. Sein erster Anwalt glaubte, Zombou sei vor allem auf eine Entschädigung aus und begriff seinen Mandanten nicht. Die Kreuzberger Rechtsanwältin Christinä Clemm, die dann den Fall übernahm, und der brandenburgische Verein »Opferperspektive«, vor allem Kai Wendel und Gabi Jaschke, waren hilfreichere Partner. William Zombou weigerte sich auch, jenes Tonband herauszugeben, auf dem sein Anrufbeantworter den Dialog der Polizisten wiedergab, die seinen Fall ermitteln sollten: »Richtiges Neger-Englisch spricht der. Da hat er Pech gehabt. Wir haben hier keinen Dolmetscher«, und lachten. Die Polizei wollte das Beweisstück gern haben, sogar von Beschlagnahme war die Rede. Zombou nutzte es in den Prozessen gegen die Schläger und die Taxifahrer nicht. »Das hat keinen Sinn«, begründet er. »In meiner Lage kann ich es mir nicht jahrelang mit der Polizei verderben. Wichtig ist, dass so etwas in die Öffentlichkeit kommt.« Für ihn steht zumindest die Polizei in Königs Wusterhausen auf Seiten der Täter – wie jene Richterin, die die Taxifahrer frei sprach und damit auch all jene, die Gewalt gegen Fremde klammheimlich tolerieren.
William Zombou versteckt sich nicht, aber die Angst bleibt. Er würde gern weggehen, doch seine Frau möchte Deutschland nicht verlassen. Er liebt seine beiden Töchter – und bleibt. »Nach den Regeln der Statistik passiert mir das nicht noch einmal!« Mit Scherzen bekämpft er die Angst, immer hat er sein Handy, manchmal auch ein Abwehrspray dabei. Doch am meisten verlässt er sich auf seine schnellen Beine. »Am Besten ist: Wegkommen!« Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen? Das gilt hier nicht für jeden. Manche sind Flüchtlinge im eigenen Land.
(Veröffentlicht in »Neues Deutschland« vom 24.12.1999)